Griechische Mythen by Friedrich Georg Jünger

Griechische Mythen by Friedrich Georg Jünger

Autor:Friedrich Georg Jünger
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2019-04-26T16:00:00+00:00


Dionysos

Die Sorge des Menschen, sein Mühen und Rechnen liegen in der Zeit; in seiner Angst und Furcht setzt die Zeit ihm zu, im Mangel und in der Not. An die Zeit seines Daseins ist er gebunden und kommt von ihr nicht los. Es hilft ihm nichts, daß er die eine, unendliche und unendlich teilbare äußere Zeit schärfer und schärfer vermißt; er wird abhängig von diesen Messungen, so abhängig, daß seine eigene innere Zeit von der äußeren genau und scharf vermessen wird. Keine Zeit haben, das ist die ärmlichste Form der Armut, und zugleich die unerbittlichste, sei es, daß diese Armut auf äußerem Zwang beruht oder auf innerer, gefühlter Notwendigkeit.

Pan ist keiner Zeitberechnung und Zeiteinteilung unterworfen; er ist der müßigste der Götter. Er ist der arkadische Jäger und Wanderer, und Arkadien ist der Ursprung, seine Nymphenflur müßige Wildnis. Pan und das Land des Pan entsprechen sich genau, und der Gott befindet sich immer an dem ihm angemessenen Ort. Er lebt in einem Raume, in dem unser Zeitbewußtsein keine Gültigkeit hat; Mangel, Sorge und Not berühren ihn nicht. Er kennt nicht jene Formen der schlechten Zeit, die uns ängstigen, und er tritt, da er eins mit dem Ursprung ist, nicht in unsere Folge, unsere Abmessungen der Zeit ein. Dieser Ursprung ist, auf den Raum hin angesehen, die Wildnis. Der Zugang zu dem Gotte ist deshalb für den Menschen leicht, der einen Zugang zur Wildnis hat. Wo diese Beziehung im Menschen ausgelöscht ist, erscheint der Gott nicht mehr. Ein Mensch ohne Muße kann von ihm nichts in Erfahrung bringen. Pan meidet weite Bereiche des menschlichen Lebens, die Städte und die Arbeitswelt des Menschen. Er ist ungesellig und liebt die Einsamkeit. Hell, golden und ungetrübt sind seine Tage, weil sie nie anfangen und nie enden.

Anders ist die Muße des Dionysos und anders sein Verhältnis zur Zeit, die uns durch ihn aus dem Bewußtsein kommt, so daß wir frei von ihr werden. In Pan hegt das Apollinische und Dionysische noch vereinigt, deshalb ist er Lehrer des Apollon und Nährvater des Dionysos, dessen Fest ihn unwiderstehlich anzieht. Doch wenn die großen Gefolgsherren sich treffen und vereinigen, so sondern und trennen sie sich auch wieder voneinander; sie schneiden sich nur auf dem Zuge, den das dionysische Fest nimmt. Der Ort ihres Zusammentreffens ist der Ursprung; dem Raume nach ist es die Wildnis, in der sie Zusammentreffen, die Einöden, das Waldgebirge, das Felsenland. Der witternde, spähende Pan, der den mänadischen Lärm von weiten vernimmt, strebt auf den Festzug zu, mischt sich unter ihn und begleitet ihn. Er kostet die Macht des Festes aus, dann verläßt er es und zieht sich in seine weglosen Reviere zurück. Die festliche Natur des Dionysos berührt ihn, aber sein Reich ist nicht das des Weingottes, dem er nicht in die Städte folgt, und wie sie in der Gemeinsamkeit des Ursprungs sich zusammenfinden, so grenzen sie die Bereiche ihrer Macht wieder gegeneinander ab.

Das Reich des Pan liegt vor aller Zeit, aber Dionysos ist die Umkehr, ist die Wende der Zeit. Deshalb ist er der



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